Der Donnerstag, 20. November 2003, präsentierte sich von seiner schönsten Seite: Sonnenschein und klarer Himmel, Ende November eher eine Seltenheit in unseren Breiten! Noch dazu beinahe Neumond. Also beschloß ich eine Fahrt auf die Ebenwaldhöhe zu unternehmen, um dort wieder einmal einige Deep-Sky Astrofotos aufzunehmen.
Oben angekommen fiel mir zunächst der ziemlich helle Nordhorizont auf. So eine arge Lichtverschmutzung, dachte ich zunächst, jetzt hat's auch die Ebenwaldhöhe erwischt... :-(
Es war feucht und anfangs windstill, später ist dann ein warmer und trockener Westwind aufgekommen, da hatte es dort oben dann +9 Grad! Unten in Kleinzell waren's beim Heimfahren 0 Grad im Nebel... Außer mir war noch ein Amateurastronom oben, der CCD-Aufnahmen versucht hat. Er hat zunächst gemeint, es handle sich um Nebel, der über St. Pölten, Lilienfeld, Hainfeld usw. liegt und von unten beleuchtet wird, vorhin (nach Ende der Dämmerung) sei das schlimmer gewesen und habe sich höher hinauf erstreckt.
Beim Aufbau von meinem 8" SCT ist der Nordhimmel immer heller geworden. Dann habe ich eine rote Komponente in der hellen Leuchterscheinung entdeckt und war mir sicher ein Polarlicht zu sehen. Daraufhin habe ich Howdii alarmiert und aus seiner Firma hinaus unter den Sternenhimmel gelockt, damit er das Polarlicht auch miterleben kann ☺
Zu sehen war während der ganzen Zeit (ca. 19 Uhr bis 24 Uhr) eine grünliche Komponente, die sich vom Horizont bis in ca. 15 Grad Höhe über den gesamten Nord- und Nordwesthimmel erstreckt hat. Selbst wenn sonst nichts zu sehen war, dieser grüne Streifen war durchgehend da. Darüber erstreckte sich meist eine breitere zart rot gefärbte Komponente, in der wiederholt Strukturen zu erkennen waren, oft in Form von senkrechten Strahlen, die sich manchmal zu ganzen "Vorhängen" ergänzt haben. Darüber hinaus waren am West- und auch am Osthorizont manchmal grüne, manchmal rote diffuse Lichtflecke sichtbar. Während der Maxima stieg die ganze Leuchterscheinung bis in den Zenitraum hinauf. Das war dann so hell daß die Milchstraße verblaßt ist. Während der extremsten Maxima konnte ich Schattenwurf beobachten, d.h. Gegenstände und Personen haben diffuse Schatten in Richtung Süden auf den Straßenasphalt geworfen, nicht sehr deutlich, aber doch sichtbar. Die Helligkeit des Bodens entsprach etwa derjenigen, die bei Halbmond beobachtbar ist.
Unter diesen Umständen war an Deep-Sky Astrofotografie freilich nicht zu denken. Stattdessen habe ich beinahe den ganzen Film mit Aufnahmen des Polarlichtes verbraucht ☺
Fotos des Polarlichts
Aufgenommen mit 50mm Normalobjektiv und 17mm Fisheye-Objektiv, Belichtungszeiten 3s - 10min.
Maxima der Leuchterscheinung gab es zwischen 19:15 und 19:45, und dann etwa stündlich, um 21 Uhr, 22 Uhr, und (schon etwas schwächer) um 23 Uhr. Beim Maximum um 22 Uhr war ein heller breiter Strahl zu sehen, rötlich-weiß, der sich vom Adler (am Südwesthorizont) bis hinauf in die Pegasus/Andromeda/Trangulum Region. Dort am Endpunkt waren V-förmige Strukturen zu sehen, die haben sich innerhalb von Sekunden verändert haben, das war faszinierend anzusehen. Sonst lagen die Zeitskalen für Veränderungen eher im Minutenbereich.
Erst um 22 Uhr konnte ich mit den Deep-Sky Fotos beginnen, zuerst habe ich M74 aufgenommen, nach Mitternacht dann noch einen Ausschnitt aus den Pleiaden. Der Himmel war bis Mitternacht immer noch vom Polarlicht aufgehellt, es würde mich nicht wundern, wenn das erste Foto einen leicht rötlichen Hintergrund hat...
Nach Mitternacht war die Polarlicht-Vorstellung dann so ziemlich vorbei, zwischen 1 und 2 Uhr gab es allerdings noch ein grünliches langsam pulsierendes "Nachleuchten" am tiefen Nordhorizont. Die Nacht präsentierte sich dann recht klar mit gegen 6 mag freisichtiger Grenzhelligkeit.
Jedenfalls war es ein faszinierendes Ereignis, das ich hautnah und unter guten Berdingungen miterleben durfte, möglicherweise eines von der Art die man es nur einmal im Leben erlebt. Allerdings kann ich langsam verstehen, warum skandinavische und kanadische Amateur- und Profiastronomen das dort viel häufigere Polarlicht nicht sehr schätzen: Der Himmel wird so hell, daß Astrofotografie und Beobachtung fast unmöglich werden... In jeder Beobachtungsnacht kann ich so einen "Lichtzauber" wahrlich nicht gebrauchen ☺
Noch mehr Fotos von Walter sowie die zugehörigen Aufnahmedaten gibt's hier zu sehen: Aurora Borealis on November 20th, 2003.